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Armutswochen der Caritas verdeutlichen die Situation von Kindern und Jugendlichen

Die Armutswochen des Deutschen Caritasverbandes nehmen in diesem Jahr besonders die Situation von benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Blick. In diesem Zeitraum zwischen dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut (17.10.) und dem Welttag der Armen der katholischen Kirche (14.11.) stehen unter dem Motto „Was brauchst du für ein besseres Leben?“ und richten damit auch den Fokus auf die Auswirkungen der Pandemie.

In Deutschland wächst jedes fünfte Kind in Armut auf, das betrifft insgesamt 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Als „arm“ gelten Kinder und Jugendliche, die in einem Haushalt leben, der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (Hartz IV) erhält. Als „armutsgefährdet“ sind die Kinder definiert, die in Haushalten leben, deren Einkommen weniger als 60 % des mittleren Einkommens aller Haushalte beträgt.

Bild Armutswoche3Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zu „Kinderarmut in Deutschland“ verdeutlicht die regionalen Unterschiede: während 2019 in Bremen oder Berlin ca. 30 % der Kinder unter 18 Jahren in Familien im SGB-II-Bezug leben sind es in Bayern nur 6,3%. Hier im Landkreis liegt die Quote mit 4 % noch einmal darunter. Dennoch meinen Sylvia Pflaugner und Eva Bergmann, Beraterinnen bei der Caritas in Bad Neustadt, dass dies kein Grund für ein erleichtertes Aufatmen ist. „Auch, wenn wir im deutschlandweiten Vergleich geringe Zahlen haben, so bedeutet das Aufwachen in Armut für jedes einzelne Kind oder Jugendlichen auch in unserer Region Ausgrenzung und eine deutliche Belastung“, so Pflaugner, die in ihrer Tätigkeit als Erziehungsberaterin Einblick in die Situation von vielen Familien hat. In Rhön-Grabfeld betrifft dies weit über 500 Heranwachsende, die auf verschiedenen Ebenen unter dieser Situation leiden.

Armut bedeutet für Kinder und Jugendliche oft zahlreiche Einschränkungen: so haben diese Zuhause oft keinen Rückzugsort oder einen ruhigen Ort zum Lernen. Da häufig die Eltern kein Auto haben, sind auch die Kinder und Jugendlichen gerade auf dem Land in ihrer Mobilität eingeschränkt und bestimmte Veranstaltungen oder Termine können nicht besucht werden. Trotz staatlicher Bemühungen z. B. durch das Bildungs- und Teilhabepaket erleben viele der Kinder und Jugendliche Ausgrenzungen: sie besuchen seltener einen Verein oder unternehmen weniger Dinge, die Geld kosten (Eis essen, ins Kino gehen usw.).

Die Beschränkungen in der Corona-Pandemie haben diese Schwierigkeiten noch deutlicher gezeigt: so waren im Distanzlernen zunächst die Ausstattung mit einem PC oder Laptop ein Problem, dann aber auch so Dinge wie Drucker, Kosten für Druckerpatronen oder der Internetzugang.

Armut beschämt, das kann Eva Bergmann vom Allgemeinen Sozialen Beratungsdienst der Caritas konkret verdeutlichen. „Manchen Kindern ist es peinlich Freunde einzuladen, weil dann der ärmliche Zustand der Wohnung deutlich wird. Sie verabreden sich lieber außerhalb der Wohnung,“ so die Beraterin, die Familien z. B. bei Hartz-4-Anträgen unterstützt.

Bei Jugendlichen wächst oft der Leidensdruck, denn gerade in dieser Lebensphase werden die finanziellen Unterschiede in Familien besonders deutlich. Während Klassenkameraden mit teuren Smartphones unterwegs sind oder kostenintensiven Hobbies nachgehen, müssen 15 – 17-Jährige aus Hartz-4-Familien mit 39,20 € monatlich für Freizeit, Unterhaltung und Kultur - so die Berechnung des Regelsatzes – zurechtkommen.

Gerade der Übergang ins Berufsleben stellt junge Erwachsene vor Herausforderungen, weil die finanziellen Mittel weder für Führerschein noch für ein Auto vorhanden sind, um den Ausbildungsort leichter zu erreichen. Wie die Untersuchung der Lebenslagen im sechsten Armuts- und Reichtumsbericht deutlich macht, ist die Chance eines sozialen Aufstieges weiterhin in Deutschland zu gering. Ein Aufwachsen in Armut hat eine enorme Prägekraft und sorgt für Nachteile, die auf dem Weg ins Erwachsenenleben selbst unter guten Förderbedingungen kaum ausgeglichen werden können.

Insgesamt ist die Situation von armutsgefährdeten Menschen und den Auswirkungen auf das Leben von Kindern und Jugendlichen keine neue Entwicklung. Mit der Tafel, dem Gebrauchtwarenkaufhaus in Unsleben oder dem Kleidermarkt der Caritas gibt es verschiedene regionale Initiativen, die versuchen, so manche Lücken zu stopfen, wenn Menschen sich Lebensmittel, Möbel oder Kleidung nicht mehr leisten können.

Die Beratungsangebote der Caritas nehmen die Anliegen der Menschen ernst und bieten Rat und Hilfe in verschiedenen Bereichen an: Der Allgemeine Soziale Beratungsdienst des Caritasverbandes bietet Unterstützung bei Antragsstellung zum Beispiel für Grundsicherung, Arbeitslosengeld 2, Wohngeld oder Kinderzuschlag an. Die Eltern-, Jugendlichen- und Erziehungsberatung unterstützt Familien bei pädagogischen Fragen, psychischen und emotionalen Schwierigkeiten und Familienproblemen. Alle Beratungsangebote des Caritasverbandes sind kostenfrei, freiwillig und unterliegen der Verschwiegenheit. Das Projekt Bildungspartnerschaft, das organisatorisch von Markus Till von der Erziehungsberatung gesteuert wird, fördert über Spenden benachteiligte Schülerinnen und Schüler an verschiedenen Grundschulen im Landkreis.

Auch Sie können die Initiativen des Kreiscaritasverbandes mit einer Spende unterstützen. Diese Gelder werden dann in Notlagen im Einzelfall an Betroffene weitergegeben. Informationen zu Spendenkonten und den Angeboten der Beratungsdienste der Caritas finden Sie unter: www.Caritas-Rhoengrabfeld.de

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